Samstag, 4. April 2015

Ewiges Leben - Über Ihr Wahres Selbst

Sie sind nicht Ihr Ego. Und Ihr Ego ist nicht Sie.
Was bedeutet das?
Was ist das Ego?
Ihr Ego ist nichts anderes als Ihre Gedanken. Es ist die ablenkende Stimme, die Sie von Ihrem Wahren, Höheren Selbst trennt. Ihre Gedanken sind die Reaktion Ihres Verstandes auf Ihre Erlebnisse in Vergangenheit und Gegenwart und auf Ihre Prägungen. Wenn Sie schon als Kind und im weiteren Verlauf Ihres Lebens immer wieder den Satz hören "Freu dich nicht zu früh", werden Sie gegenüber den Chancen und Möglichkeiten, die Ihnen das Leben bietet wahrscheinlich eine negative oder zumindest skeptische Einstellung entwickeln.
Sie werden angesichts einer strahlenden Zukunft nur die Schatten der Vergangenheit sehen. Stellen Sie sich einen wunderschönen Tag in der Natur vor. Sie sehen Wälder, Berge und einen See. Die Sonne scheint, der Hinnel ist klar und blau, Segelboote gleiten über die spiegelglatte glitzernde Oberfläche des Wassers. Sie haben jeden Grund zufrieden zu sein. Sie fühlen sich wohl, haben keine Schmerzen oder Sorgen.
Sind Sie glücklich?
Nein.
Sie sind nicht glücklich, denn ganz weit hinten am Horizont, wo das Bergmassiv den Himmel zu berühren scheint, sehen sie eine Wolke. Sie ist nur klein, aber sie hat einen merkwürdig gelben Schimmer.
Hagel?
Ist das eine heranziehende Hagelwolke?
Nein. Es ist Ihr Ego. Es sind Ihre Gedanken, die die Essenz ihres Wahren Selbst und den Zauber des Augenblicks trüben. Denn so schön das Leben auch sein kann, es begleitet Sie immer ein bestimmter Gedanke. Er ist immer da, und wenn Sie tatsächlich einmal glücklich sind, wenn Sie sich wohlfühlen, weil Sie sich mit Freunden treffen, summt dieser Gedanke im Hintergrund wie eine Schmeißfliege.
Andere Menschen denken "Auf Regen folgt Sonnenschein."
Aber Sie nicht. Sie denken:
"Auf Regen folgt Hagel."
Kommt Ihnen diese Art zu denken bekannt vor?
Mir auch. Ich bin genau diese Art von Denker. Zwar kann ich mich am Schönen erfreuen, aber es liegt immer ein Schatten über der Sonne. Wenn Sie dazu neigen, negativ zu denken, pessimistisch zu sein, eher unglücklich als glücklich sind, deprimiert und an verschiedenen Angstzuständen leiden, kann ich Ihnen sagen, dass nicht Sie es sind, der die Welt und das Leben so negativ sieht.
Genaugenommen besteht jeder Mensch aus zwei geistigen Anteilen. Das hat aber nichts mit Schizophrenie oder multiplen Persönlichkeiten zu tun. Da ist auf der einen Seite, vielleicht sollte ich besser sagen, an der Oberfläche, Ihr bewusst denkendes Selbst. Dieser Teil Ihres Verstandes spricht zu Ihnen in Form von Gedanken. Wenn Sie einen blühenden Kirschbaum im Frühling sehen, denken Sie wahrscheinlich "Das ist schön". Beim Anblick eines behinderten Menschen denken Sie vielleicht "Das ist traurig", und angesichts einer bevorstehenden Operation "Ich habe solche Angst. Ich werde sicher sterben".
Wenn Sie aber genauer darüber nachdenken, werden Sie feststellen, dass alle Dinge, Menschen und Erlebnisse gar nichts sind. Ich will Ihnen nicht die Freude am Kirschbaum verderben, aber ich muss Ihnen leider sagen: Der blühende Kirschbaum im Frühling ist nicht schön. Das liegt aber nicht daran, dass ich so negativ denke und das Schöne nicht erkennen kann, sondern daran, dass nicht dieser Baum schön ist, auch nicht dessen Blüte, nicht einmal die Jahreszeit. Nichts davon ist schön.
Schön ist nur Ihre persönliche Wahrnehmung und die Reaktion Ihres Verstandes. Die bevorstehende Operation ist auch nicht gefährlich, genaugenommen ist sie nicht einmal ein Grund, auch nur beunruhigt zu sein. Nirgendwo steht geschrieben, dass Sie bei diesem Eingriff sterben werden.
Die Todesgefahr entsteht nur in Ihren Gedanken. Ihre Vorstellung erschafft Ihre Wirklichkeit. 
Aber diese negativen Gedanken brauchen Sie nicht. Ihre Angst erfüllt keinen Zweck. Gar keinen. Weder taugt sie dazu, Sie zu warnen, wie in der Steinzeit die Angst vor dem Fallen, die wir alle noch immer als genetisch vererbte Urangst in uns tragen, noch dient sie dazu, Sie auf Ihrem Lebensweg reifer und stärker zu machen. Ich bin davon überzeugt, dass sich Nietzsche geirrt hat, als er sagte: "Was uns nicht umbringt, macht uns stärker." Das stimmt nicht. Ich weiß es aus eigener Erfahrung.
Was uns nicht umbringt, macht uns schwächer.
Die Krankheit Guillain-Barré-Syndrom hat mich nicht stärker gemacht, sondern schwächer. Das ewige Warten auf Besserung, die nur sehr langsam voranschreitet, hat mich zermürbt und immer hoffnungsloser gemacht. Diese Phase habe ich zwar überwunden, aber auf keinen Fall bin ich dadurch stärker geworden.
Wo Licht ist, ist auch Schatten. Diesen dummen Satz kennen Sie auch. Und auch er ist falsch. Wenn Sie selbst zu den Menschen gehören, die solche Weisheiten von sich geben oder gar tief in Ihrer Lebensphilosophie verankert haben, denken Sie wieder nach. Schalten Sie Ihr Angst-Ich kurz ab und lassen Sie Ihr Wahres Selbst zu Wort kommen.
Was ist denn der Schatten?
Was ist denn die Dunkelheit?
Woran fehlt es in der Finsternis?
Richtig. Licht. Es fehlt das Licht. Und damit haben wir diesen berühmten dummen Satz auch schon widerlegt. Die Abwesenheit von Licht ist die Ursache der Dunkelheit, nicht das Licht selbst. Dunkelheit existiert nicht. Sie hat keine Frequenz und ist keine Energieform. Licht schon.
Sehen Sie?
Wo Licht ist, ist kein Schatten. Dort ist nur Licht.
Und genau das ist der Unterschied zwischen dem Ego unserer Gedanken und unserem Wahren Selbst. Gedanken erzeugen Angst. Und Angst erzeugt neue Gedanken. Und Sorgen. Und Grübelei. Das Ego der Gedanken kann anders nicht existieren. Es muss sich ständig mit neuen Gedanken und neuer Angst füttern. Probleme, Ängste, Depressionen entstehen erst durch Ihre Interpretation der Wirklichkeit.
Was geschieht, geschieht einfach. Es hat keine Bedeutung. Erst Sie geben Ihren Erlebnissen Bedeutung durch Ihre Gedanken. Und da Probleme, Ängste und vermeintliche Bedrohungen Angst erzeugen, sind Sie gezwungen, darüber nachzudenken. Das Denken ist der Treibstoff Ihres Egos. Ohne Gedanken kein Ego. Ohne Ego keine Angst.
Ihre Gedanken zerstören den Frieden des Augenblicks.
Aber warum erzeugen unsere Gedanken Angst?
Gedanken sind immer mit Begehren verbunden. Immer. Ohne eine einzige Ausnahme. Sie können in Ihrem Leben nicht einen einzigen Gedanken fassen, der nicht mit der Erfüllung eines Wunsches oder dem Stillen einer Sehnsucht in Verbindung steht. Jetzt wünschen Sie sich vielleicht gerade zu verstehen, was ich Ihnen sagen will oder dass ich mich verständlicher ausdrücke, je nachdem, wie hoch Ihr Selbstwertgefühl ist.
Ich will Ihnen damit sagen, dass die Erfüllung eines Begehrens Freude erzeugt. Wussten Sie wahrscheinlich schon. Aber diese Freude geht vorbei. Und damit entsteht Traurigkeit, und damit entsteht Angst. Angst davor, dass Sie nie wieder Freude empfinden werden. Und daraus entsteht neues Begehren. Neue Freude und neue Angst.
Glauben Sie mir, dieser Kirschbaum hat unendlich viele Blüten, aber er ist nicht schön. Doch unter der Oberfläche des angstvollen Begehrens liegt noch etwas Anderes. Etwas Größeres, fast möchte ich sagen, etwas Schönes. Vielleicht sogar das Schönste, was es überhaupt gibt.
Sie.
Ihr Wahres Selbst. Und dieses Wahre Selbst empfindet nur Freude. Freude von unendlichem Ausmaß. Die negativen Gedanken Ihres Angst-Egos können nur existieren, weil es keinen Schatten gibt, wo das Licht ist. Dieses Licht Ihres Wahren Selbst befindet sich außerhalb all dessen, was Sie mit Ihren Sinnen bewusst oder unbewusst wahhrnehmen können.
Dieses Wahre Selbst der unendlichen Freude ist nicht älter als das Universum und die Zeit. Es ist gar kein Teil davon. Es befindet sich überall gleichzeitig. Es ist. Das ist alles. Freude ist. Denken Sie genau darüber nach. Sie werden feststellen, dass die Welt, das Leben, das Universum nicht aus Licht und Schatten, gut und böse, Wahrheit und Lüge bestehen. All diese Polaritäten, die Gegensätze und der Dualismus vereinen sich in einem unendlich freudvollen Wahren Selbst. Und das ist alles. Alles, was ist. Das All. Der Allmächtige. Nennen Sie es, wie Sie wollen.
Ich weiß, das klingt alles sehr esoterisch und weltfremd. Ich bin aber kein Esoteriker, ich habe nur gelernt, dass all die körperlichen Phänomene, von der Funktion der Nerven und ihrer Myelinschicht, der Muskeln und ihrer Faszien, der Angst, der Depressionen und ihrem Serotonin letzlich nur Ausdrucksformen unseres Egos sind.
Unsere Gedanken erschaffen unsere Wirklichkeit. Ich war ein halbes Jahr lang nur ein Kopf. Der gesamte restliche Körper war gelähmt. Meine ganze Welt bestand nur aus den Sinneseindrücken, die mein Hirn wahrgenommen und den Gedanken, durch die es sie interpretiert hat. Diese Gedanken waren manchmal hoffnungsvoll, manchmal ängstlich, oft traurig und sehr oft geprägt von vollkommener Verzweiflung. Das lag vor allem daran, dass ich, bewegungsunfähig wie ich war, keine Möglichkeit hatte, an Informationen zu kommen oder eigene Recherchen zum Guillain-Barré-Syndrom anzustellen. Heute bin ich bestens informiert. Nicht nur über GBS, sondern auch über Tiefenvenenthrombosen, Lungenembolien, Darmsepsis, Leberblutungen, Tetraparesen, transurethrale Dauerkatheter, Stoma mit Ausstreichbeutel, Aufsteh- und Hinlegefunktionen bei elektrischen Rollstühlen, Muskelfaszien- und Kontrakturen, Zirkumzisionssekundärnahtoperationen, Krankenbetten mit aufstellbarem Rückenteil und Seitengitter, sowie Blutverdünner in Spritzen- und Tablettenform, Dialysen, permanente Venenkatheter, Harnsediment, Blasenkrämpfe, reaktive Depressionen, generalisierte Angststörungen und - nicht zu vergessen - selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer.
Alles Dinge, über die kein Mensch aus eigener Erfahrung etwas wissen sollte. Hat mich dieses ganze Zeug stärker gemacht?
Nein.
Gut, all das hat zu meiner Genesung beigetragen und tut es noch, aber ein anderer Mensch bin ich dadurch nicht geworden. Jetzt, wo die intensivste Angst meines Lebens und die kältesten Depressionen allmählich abklingen und endlich ein bisschen Bewegung in meine Fußherbermuskeln kommt, stelle ich fest, dass ich immer noch derselbe leicht kindische Markus von früher bin. Der ist nicht gestorben, wie ich es lange Zeit geglaubt habe, er hat nur geschlafen. War betäubt und besinnungslos. Orientierungslos. Gegenwarts- und zukunftslos.
Kenn Sie das auch? Vielleicht sogar in noch schlimmerer Form?  Ich weiß, dass es das gibt. Ich habe schwerstkranke Menschen kennengelernt. Im Vergleich zu diesen armen Seelen geht es mir gut. Eigentlich ging es mir von Anfang an gut, von den paar akuten lebensgefährlichen Situationen abgesehen. Nicht an einem einzigen Tag, weder auf der Intensivstation Stroke Unit, noch im Reha-Zentrum Gmundnerberg, noch hier im Behindertendorf Altenhof hat jemals ein Arzt zu mir gesagt, dass sich mein Zustand verschlechtert habe. Von Tag zu Tag ging es mir immer besser und besser. Auch, wenn die Myelinschicht der Nerven nur millimeterweise pro Monat heilt, haben es doch alle gesehen.
Die Ärzte. Die Ärztinnen. Die Krankenschwestern. Die Krankenpfleger. Die Therapeuten. Die Therapeutinnen.
Alle haben es gesehen und mir gesagt. jeden Tag.
Nur einer sah es nicht:
Ich.
Genauer gesagt: Mein Ego. Meine Ego und seine negativen Gedankenfreunde sagen mir heute noch, dass es mir nicht besser geht. Mein Ego träumt noch immer von der Heilung und davon, aus dem Rollstuhl wieder aufstehen und unbeschwert gehen zu können.
Mein Ego träumt. Mein Ego hofft. Mein Ego verzagt.
Und Ihres auch. Ganz bestimmt.
Jetzt verrate ich Ihnen ein Geheimnis. Eigentlich ist es gar keines, denn auch, wenn Ihr Angst-Ich das vielleicht nicht weiß, Ihr Wahres Selbst spürt es schon seit jeher. Vielleicht sogar seit Anbeginn der Zeit oder dem Alles-was-ist. Es weiß nichts davon, denn Wissen ist dem Wahren Selbst wesensfremd. Das Wahre Selbst spürt. Es fühlt.
Es liebt.
Das ist der Unterschied zwischen Ihrem Ego und Ihrem Wahren Selbst: Ihr gedankenschweres Angst-Ich träumt von der Rettung, dem Wunder, der Heilung, dem Erfolg, der großen Liebe, des großen Glücks. Es will ständig alles nur besser, größer, schneller und mehr haben. Es erzeugt Begehren und zerstört damit all das, was es sich erhofft.
Ihr Wahres Selbst aber lebt nicht in einem Luftschloss. Es lebt auch nicht in einer Traumwelt, aber auch nicht in der sogenannten Realität. Ihr Wahres Selbst trägt seinen Kopf nicht in den Wolken und steht auch nicht mit beiden Beinen im Leben. Es sucht weder Freiheit, noch Liebe, noch Glück. Nicht einmal Heilung. Nicht einmal das.
Ihr Wahres Selbst lebt und liebt den Augenblick.
Es wirkt durch Achtsamkeit und Liebe zu diesem einen Moment, der jetzt gerade ist.
Ob Sie es glauben oder nicht, einen anderen Moment gibt es nicht. Es gab ihn niemals, und es wird ihn niemals geben. Die Zukunft existiert nicht. Die Vergangenheit existiert nicht. Sie liegen auch nicht in der Ferne oder sind vorbei. Es hat all das nie gegeben.
Alles, was Sie in Ihrem Leben erlebt haben, ist nie passiert.
Nein, ich bin nicht übergeschnappt. Ich glaube das wirklich. Oder besser gesagt: Ich fühle es.
Wissen Sie, warum alles, was Sie erlebt haben nie geschehen ist und alles, was Sie noch erleben werden nie passieren wird.
All das, alles, was ist, geschieht ausschließlich jetzt.
Jetzt.
Jetzt.
Ihre Gedanken erzeugen durch Ihr Ego die Illusion von verstrichener Zeit oder nebulöser Zukunft. In Wahrheit aber, existieren Sie, Ihr Wahres Selbst, auschließlich in diesem einen, ewigen, anfangs- und endlosen Moment.
Ihr Wahres Selbst ist zeitlos. Es existiert außerhalb von Materie, Energie, Raum und Zeit.
Jeder Physiker wird wahrscheinlich die Hände über dem Kopf zusammenschlagen, wenn er meine kurze Geschichte der Zeit liest. Ich habe mir über das Phänomen Zeit nie aus philosophischer Sicht große Gedanken gemacht, wahrscheinlich, weil ich von Philosophie einfach zu wenig verstehe. Was die Physik betrifft, kenne ich Einsteins Relativitätstheorien, die aber auch nur in vereinfachter, für Laien verständlicher Fassung.
Zugegeben, meine Theorie über die Zeit ist nicht besonders komplex, aber ich frage mich schon seit vielen Jahren, was Zeit denn überhaupt ist. Wenn wir uns vergangene Erlebnisse in Erinnerung zurückrufen, denken wir oft, "Das ist aber lange her. Wahnsinn, wie schnell die Zeit vergeht". Aber was ist während des vermeintlichen Verstreichens der Zeit wirklich vergangen?
Bewegung.
In den letzten zwanzig oder Millionen Jahren ist in Wirklichkeit keine Zeit vergangen, sondern Lebewesen haben sich mit ihren physischen Körpern weiterbewegt. Laut Einstein sind es die Bewegung, die Geschwindigkeit und die Masse, die die Zeit definieren. Sie haben vielleicht von seinem Beispiel eines Astronauten gehört, der mit annähernder Lichtgeschwindigkeit von der Erde wegfliegt und ein paar Wochen im All verbringt. Wenn er wieder auf die Erde zurückkommt, sind hier inzwischen Jahrzehnte verstrichen.
Je schneller man sich bewegt, desto mehr Zeit vergeht. Aber nur von einem anderen Blickwinkel aus. Für die Menschen auf der Erde war der Astronaut viele Jahrzehnte weg, aber sein Kalender zeigt, dass nur wenige Wochen vergangen sind. Laut Einstein krümmt Masse den Raum und damit beeinflusst sie den Ablauf der Zeit.
Alles sehr amateurhaft erklärt, aber es deckt sich doch mit meiner Auffassung von Zeit.
Zeit existiert nicht.
Es gibt nur einen einzigen, statischen, ewigen Moment. In diesem Moment existieren Materie, Energie und Raum. Sie agieren und reagieren in diesem Moment und erschaffen so unsere Illusion von Zeit. Auch wir Menschen selbst haben uns eine künstliche Vorstellung der Zeit geschaffen. Die vom der Masse unseres Planeten vorgegebene Gravitation und die Gravitation der Sonne führen zur Umlaufbahn unseres Planeten, und all das erzeugt den Tag, die Nacht und den Jahreskreis. Und wir Menschen haben uns die Sekunden, Minuten, Monate und Jahre dazuerfunden.
Wenn man während des ewigen Augenblicks an ein Erlebnis zurückdenkt, stellt man plötzlich fest, dass es schon vor fünfundzwanzig Jahren geschehen ist. Sofort fühlen wir uns alt. Die Kindheit erscheint uns unerreichbar fern, dabei existiert sie ebenfalls genau jetzt, in diesem einen endlosen Moment.
Wir fühlen uns alt, sind es aber nicht. Unser Wahres Selbst kann nicht altern. Es wurde nie erschaffen und wird nie enden. Es ist ein Teil des Alles-Was-Ist. Damit sind wir alle - ob es uns gefällt oder nicht - miteinander verbunden. Es wäre vielleicht übertrieben zu sagen, es gebe nur einen einzigen Menschen in vielen Milliarden Körpern, aber vielleicht auch nicht. Vielleicht ist es tatsächlich so. In der Psychologie ist man der Ansicht, dass alle Menschen, denen wir in unseren Träumen begegnen, Aspekte unseres Ichs sind. Sie sind Erscheinungsformen des analytischen aktiven Bewusstseins, sowie des reaktiven Untebewusstseins.
Egal, von wem Sie träumen, es sind immer Sie selbst.
Aber was, wenn das nicht nur in unseren Träumen so ist? Was, wenn wir uns in jedem Menschen, den wir kennenlernen oder auch nur sehen, uns selbst begegnen?
"Liebe deinen Nächsten wie dich selbst", sagte Jesus. Hat er damit genau das gemeint? Dass jeder Nächste in Wahrheit ein Splitter des Wahren Selbst ist?
Wir werden nicht alt, weil unser Wahres Selbst nicht alt werden kann, es existiert und agiert ja in einem ewigen Augenblick. Aber was sehen wir, wenn wir in den Spiegel schauen? Also ich sehe nicht mehr den 17jährigen von früher. Ich sehe einen 45jährigen in einem elektrischen Rollstuhl, der jetzt schon seit über einem Jahr hofft, da wieder rauszukommen. Fast jeden Tag höre ich, dass ich große Fortschritte mache und gemacht habe und dass es mit mir bergauf geht. Ich habe schon einige Male darüber geschrieben, dass mit jedem Tag, an dem ich immer gesünder und gesünder wuurde, meine Hoffnung immer mehr und mehr schwand.
Aber was sehe ich im Spiegel? Einen übergewichtigen Rollifahrer, der noch alle Haare am Kopf und zumindest bisher ein faltenfreies Gesicht hat. Zugegeben, nicht ganz so faltenfrei wie mit siebzehn, aber die Falten, die ich habe sind nur Lachfalten und Sorgenfalten, wenn ich die Stirn hochziehe. Heute kann ich mir gar nicht mehr vorstellen, dass sich diese Lachfalten im Laufe meines Lebens überhaupt gebildet haben, obwohl mein Lachen allmählich wiederkommt. Sehr allmählich, mit Babyschritten, genau wie meine Fähigkeit zu gehen.
Aber auch, wenn das bei Ihnen anders ist und sie mehr Falten haben als ich, oder sogar sehr viele, denken Sie bitte darüber nach, was Sie da wirklich sehen?
Sind das Sie? Sind das wirklich Sie, der sich von einem jungen starken in einen alten schwachen Menschen verwandelt hat?
Nein.
Sie sind es nicht.
Es ist der biologische Verfall. Es sind Ihre Zellen, die sich nicht mehr fehlerlos reproduzieren. Darum gehen den Menschen im Laufe der Jahre die Haare aus und ihre Haut wird schwach und faltig. Der ganze Organismus bereitet sich auf den Abstieg ins Grab vor. Das klingt hart, ich weiß, aber vergessen Sie nicht, dass nicht Sie es sind, der sterben wird, sondern nur Ihr biologischer Körper. Aus rein materieller Sicht ist der Mensch tatsächlich nichts anderes als eine Kohlenstoffeinheit.
Aber haben Sie, wenn Sie Ihren Partner umarmt haben jemals gesagt "Jetzt umarme ich meine Kohlenstoffeinheit"? Natürlich nicht. Es gibt also offenbar etwas, das über das materielle, biologische Selbst hinausgeht. Weit hinaus. Unendlich weit. Ewig weit.
Und das sind Sie! Sie und Ihr Wahres Selbst.
Dieses Wahre Selbst, das Ihre eigentliche Persönlichkeit ausmacht ist reine Empfindung. Es fühlt. Es liebt. Bedingungslos alles, was ist. Es empfindet Freude, ja sogar Tatendrang, denn es ist sich der Existenz der materiellen Welt bewusst. Es ist das wahre Leben, die Lebendigkeit, die Vitalität, die Lebensfreude, der göttliche Funken.
Haben Sie das jemals gesehen, wenn Sie in den Spiegel geschaut haben?
Vielleicht sehen Sie es ab heute.
Mehr fällt mir nicht ein. War ein langer Blogartikel diesmal. Ich hoffe, es hat sich für Sie gelohnt, ihn zu lesen, wie es sich für mich gelohnt hat, ihn zu schreiben. Ich habe während des Verfassens wieder ein paar Sekunden in den Spiegel gesehen.
Und was habe ich im Spiegel erblickt?
Das Lachen meines Wahren Selbst!

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