Samstag, 31. Januar 2015

Meine Meditation macht Mut

Meine Form der Meditation ist ganz einfach. Um ehrlich zu sein, weiß ich gar nicht, ob man das überhaupt Meditation nennen kann, aber es ist zumindest eine ausgesprochen wirksame Entspannungsübung. Sie hilft mir dabei, in Momenten der Ruhelosigkeit oder der Angst, einen klaren Kopf zu bekommen. So klar es in solchen Augenblicken der Anspannung geht. Ich war ein halbes Jahr vom Hals abwärts gelähmt, und diese Meditation hat mir über diese Zeit hinweggeholfen. Ich glaube, ohne sie wäre ich total verzweifelt und hätte jede Hoffnung auf Heilung aufgegeben. Aber Sie lesen jetzt diese Zeilen, und die habe ich mit meinen beiden Zeigefingern getippt.
Die Zeit der Lähmung habe ich hinter mir, aber meine Meditation macht mir weiterhin Mut.
Dies ist meine Meditation:
Zuerst versuche ich mich ein wenig zu beruhigen. Ich sage dann innerlich zu mir: "Ganz ruhig. Bleib ganz ruhig. Es ist alles in Ordnung." Das wiederhole ich ein paar Mal. Manchmal sage ich es sogar laut, aber nur, wenn niemand in der Nähe ist. Seit ich am Guillain-Barré-Syndrom erkrankt bin, bin ich etwas nervös geworden, und selbst Kleinigkeiten wie ein wenig Krach oder das plötzliche Klopfen an der Tür stören mich maßlos und lassen mich manchmal regelrecht aufschrecken. 
Es gibt nur zwei Urängste, die genetisch bedingt und somit vererbbar sind. Das sind die Angst vor dem Fallen und die Angst vor plötzlichen lauten Geräuschen. Alle anderen Ängste und Phobien sind erlernt. Vielleicht ist das ein kleiner Trost für alle, die immer wieder unter ihren eigentlich grundlosen Angstzuständen leiden, so wie ich.
Denn alles, was man lernt, kann man auch wieder vergessen. Auch die Angst. Wie man das erreichen kann, werde ich in einem späteren Blogpost beschreiben.
Doch zurück zu meiner Art zu meditieren und mich zu beruhigen.
Ich konzentriere mich darauf, ruhig und gleichmäßig zu atmen. Durch die Nase. Eine Ergotherapeutin hat mir gesagt, die Mundatmung sei die Fluchtatmung. Man atmet durch den Mund, wenn man den Tiger schon sieht, um noch rechtzeitig die Flucht ergreifen zu können. Ich halte zwar nicht viel von der überpsychologisierung der Körperfunktionen, aber das ergibt durchaus einen Sinn.
Beim Ausatmen zähle ich innerlich meine Atemzüge. Ich spreche dabei nicht, sondern mache es nur in meinen Gedanken. Das lenkt von unerwünschten Vorstellungen wie Angstgefühlen ab. Es ist kein Allheilmittel, aber besser als nichts und lindert die Angst und die Nervosität zumindest ein bisschen. Wenn ich die Entspannung noch intensivieren will, stelle ich mir vor dem inneren Auge noch die dazugehörigen Zahlen vor. Meistens sind es weiße Zahlen auf schwarzem Hintergrund, aber noch wirkungsvoller ist diese Technik, wenn ich mir die Zahlen in Farbe vorstelle.
Schon seit meiner Kindheit assoziiere ich Begriffe, Worte, Zahlen mit bestimmten Farben. Seit ich zurückdenken kann, ist die Sieben für mich orange. Auch Wochentage und Monate haben Farben. Der Montag ist grün. Wenn ich das Wort Montag höre, sehe ich sofort die Farbe Grün vor mir.
Man bezeichnet dieses Phänomen als Synästhesie. Das ist die Fähigkeit, voneinander völlig unabhängige Sinneseindrücke miteinander zu verbinden. Dies geschieht automatisch, man macht es nicht bewusst. Es gibt sogar Menschen, die Musik sehen können. Wenn sie Klänge hören, sehen sie vor ihrem inneren Auge bestimmte Farben. Das gibt dem Wort Feuerwerksmusik eine ganz neue Bedeutung. Ob Georg Friedrich Händel das wohl wusste?
Ich wende meine Meditationstechnik so lange an, bis ich mich beruhigt habe. Manchmal funktioniert es besser, manchmal schlechter, aber nur sehr selten gar nicht. Darum sei auch eine Warnung ausgesprochen: Wenden Sie diese Meditationsform nicht beim Auto fahren oder anderen gefährlichen Tätigkeiten an. Allerdings werden Sie, wenn sie auch am Guillain-Barré-Syndrom leiden, wahrscheinlich sowieso nicht viel mit dem Auto unterwegs sein. Außer mit dem Krankenwagen. Und das schwerste Gerät, das sie bedienen müssen, dürfte der Notrufknopf für die Krankenschwestern sein. Wenn Sie das können. Ich konnte es lange Zeit nicht. Praktisch ein halbes Jahr lang hatte ich weder die Kraft noch die Nerven, einen roten Knopf auf einem Schalter zu drücken.
Aber das Guillain-Barré-Syndrom zu haben, bedeutet nicht, dass man die Nerven verliert, sie liegen nur blank. Im wahrsten Sinne des Wortes. Das eigene Immunsystem zerstört die Myelinschicht der Nerven, die dafür zuständig ist, die Impulse aus dem Hirn davor zu schützen, ins Leere zu laufen.
Gegen Leerlauf und blank liegende Nerven hilft Ihnen vielleicht meine Meditationstechnik, die ich schon seit zwanzig Jahren anwende. Schon lange, bevor ich GBS hatte.  Hier eine kurze Zusammenfassung:

• Entspannen.
• Ruhig und gleichmäßig durch die Nase atmen.
• Beim Ausatmen die Atemzüge innerlich zählen.

Sie können diese Technik übrigens auch als innere Uhr verwenden. Bei mir funktioniert das ausgezeichnet. 25 ruhige Atemzüge sind eine Minute. 250 sind zehn Minuten. 375 eine Viertelstunde und so weiter. Auch gegen Schlafstörungen sind sie gut geeignet, solange man nicht an wirklich schweren Formen der Schlaflosigkeit leidet.
Also, entspannen Sie sich. Gut.
Eins...
Zwei...
Drei...
Vier...

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Hier ist Ihr Platz! Ich freue mich über Kommentare, Anregungen und Kontakte!